In Lappland (Lotten von Düben)
Was mag sich Karin Savalo gedacht haben, als im Sommer 1868 eine ganze Reisegesellschaft in der Sámensiedlung Tuorpon eintraf? Die Fremden holten eine große Kamera aus ihren Ranzen aus Birkenrinde hervor und eine Frau erkundigte sich, ob sie Fotos machen dürfe. Karin und ihre Tochter Inga nahmen vor der Kamera Platz. Warum war es so wichtig, dass sie und ihre Tochter sich, nachdem sie von vorn fotografiert worden waren, ins Profil drehten? Karin Savalo wusste es nicht.
Die Fotografin hieß Lotten von Düben, und sie selbst hätte sich sicher nicht auf diese Weise fotografieren lassen. In ihren Kreisen wurden von Frauen meist Ganzkörperaufnahmen angefertigt, auf denen sie schöne Kleider trugen. Diese schmeichelhaften Bilder stellte oder hängte man in der eigenen Wohnung auf und verschenkte sie an Freunde und Bekannte.
Die Aufnahme von Karin Savalo und ihrer Tochter Inga befindet sich heute in der Sammlung des Nordischen Museums in Stockholm. Lotten von Düben besuchte Tuorpon im Rahmen der Forschungsexpedition ihres Mannes Gustaf von Düben, der im Jahr 1868 Fjällsámen in ihrem Siedlungsgebiet am Fluss Lule älv, der Lule Lappmark, studierte. Im Sommer 1871 unternahm das Paar eine weitere Reise, dieses Mal zu den Waldsamen in der Sorsele Lappmark, der Lule Lappmark und der Pite Lappmark.
Das Medium der Fotografie hatte sich in Schweden bereits in den 1860er-Jahren durchgesetzt, nachdem die Daguerreotypie durch das 1853 von Carl Gustaf Carleman eingeführte Glasnegativ abgelöst worden war. Diese mit Kollodium überzogene Glasscheibe, die sogenannte Nassplatte, kam einer Revolution in der Fotografie gleich. Jetzt konnte man von jedem Negativ eine unbegrenzte Anzahl an Kopien herstellen.
Mit der Einführung des Glasnegativs und der Möglichkeit, Abzüge auf Papier herzustellen, kam auch die Visitenkarte auf. Ursprünglich beabsichtigte man, den Namen auf der Visitenkarte durch ein Foto zu ersetzen, auf dem die betreffende Person - für eine Visite entsprechend gekleidet - zu sehen sein sollte. Der Fotograf machte sechs, acht oder zwölf Aufnahmen und montierte Kontaktabzüge davon in den Maßen 6 x 9 cm auf Karton. Vor allem innerhalb des Bürgertums war der wechselseitige Austausch von Visitenkarten bald sehr beliebt. Auf den Tischen in den Salons lagen spezielle Visitenkartenalben mit Fotos von Verwandten und Freunden.
Die Fotografen verkauften darüber hinaus auch Stadtansichten im Visitenkartenformat. 1865-70 erlebte Schweden eine geradezu explosionsartige Verbreitung der Visitenkarten und auch die Anzahl der Berufsfotografen schnellte in die Höhe. Im Unterschied zu anderen Handwerksberufen war Frauen der Zugang zum Beruf des Fotografen nicht verwehrt. In den 1860er-Jahren befanden sich unter den einhundert in Stockholm registrierten Fotografen bereits fünfzehn Frauen. Berta Valerius, Rosalie Sjöman und Carolina von Knorring zählten gar zu den Besten ihrer Zunft.
Stereofotografien waren ebenfalls sehr populär. Diese „Doppelbilder“ wurden mit speziellen Stereokameras aufgenommen, deren zwei Objektive im Augenabstand voneinander angebracht waren. Durch das Stereoskop betrachtet entsteht dann der schwindelerregende Eindruck eines dreidimensionalen Bildes. Großer Beliebtheit erfreuten sich Stereobilder von exotischen Orten oder spektakulären Ereignissen wie Erdbeben, Kriegen und königlichen Begräbnissen.
Wer war nun aber Lotten von Düben oder Carolina Charlotta Mariana von Düben, wie sie mit vollständigem Namen hieß? In der Geschichtsschreibung der schwedischen Fotografie wird sie nur am Rande erwähnt.
Lotten war von adliger Herkunft. Sie wurde im Jahr 1828 als drittes von sechs Kindern geboren. Ihre Eltern waren der Major Robert von Bahr und Eva Carolina Freifrau Åkerhielm af Margretelund. Lotten wuchs auf den Gütern der Familie in Söderby und später in Margretelund in der Provinz Uppland auf. Seit sie siebenundzwanzig Jahre alt war, bewohnte die Familie im Winter eine Wohnung in Stockholm an der damaligen Klara Strandgata (heute Vasagatan).
1857, im Alter von neunundzwanzig Jahren, heiratete Lotten Gustaf Freiherr von Düben. Er war Doktor der Medizin und Professor für pathologische Anatomie am Karolinska-Institut. Die von Dübens bezogen eine Wohnung in der Nya Kungsholmsbrogatan 7 (heute Jakobsgatan), wo sie mietfrei wohnten, da Gustaf von Düben Sekretär der Schwedischen Medizinischen Gesellschaft (Svenska Läkaresällskapet) war, der das Haus gehörte. Zur Familie zählten außerdem Gustaf von Dübens Mutter, ein Dienstmädchen und eine Köchin.
1860 wurde Gustaf von Düben zum Professor der Medizin (für Anatomie und Physiologie) am Karolinska-Institut ernannt sowie zu dessen Präsident. Damit folgte er auf Anders Retzius, den Erneuerer der physischen Anthropologie in Schweden. Retzius hatte den Begriff „Schädelindex“ eingeführt, mit dem sich Menschen in die Typen Brachyzephalus (Kurzschädel) bzw. Dolichozephalus (Langschädel) einteilen ließen. Darüber hinaus hatte er das anatomische Museum aufgebaut, das der ganze Stolz des Instituts war. Dort lagerte eine umfangreiche Sammlung von - vorwiegend samischen - Schädeln. Die Kraniologie hatte in der damaligen Wissenschaft einen hohen Stellenwert, der heute nur schwer nachzuvollziehen ist. In ihr vereinten sich die drei Wissenschaftszweige Anatomie, Geschichte und Archäologie. Von der Kraniologie erhoffte man sich die Beantwortung grundlegender Fragen zur gemeinsamen Geschichte und Abstammung der Völker.
Als Präsident des Karolinska-Instituts verfügte von Düben über eine Dienstwohnung mit sieben Zimmern und Küche in der Hantverkargatan 3. Im selben Gebäude wohnten noch weitere Mitarbeiter und Studenten des Instituts, unter anderen der später sehr bekannte Carl Curman. Er sollte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einer der besten schwedischen Amateurfotografen werden. Als das Institut 1861 ein Atelier für medizinische Aufnahmen suchte, richtete Curman dafür einige der Studentenzimmer im zweiten Stockwerk des Hauses ein. Hier eignete er sich Kenntnisse in der Arbeit mit den damals üblichen Kollodium-Nassplatten an, und hier wurde wahrscheinlich auch Lotten von Dübens Interesse für die Fotografie geweckt. Das Fotografieren soll sie bei einem Familienmitglied mit eigenem Atelier erlernt haben.
Anders Retzius‘ Sohn Gustaf Retzius lernte bei Carl Curman. Er wollte die kraniologischen Untersuchungen seines Vaters fortführen. Neben dem eigentlichen fotografischen Handwerk lernte er auch, Atelieraufnahmen menschlicher Schädel anzufertigen. „Besonders verlockend erschien mir das Fotografieren der Schädel des lappischen Volkes, deren mein Vater im Karolinska-Institut eine besonders schöne und repräsentative Auswahl hatte versammeln können. Ich begann, einige davon in halber Originalgröße zu fotografieren, und setzte von Düben darüber in Kenntnis. Doch dann kam er eines schönen Tages zu mir und sagte zu mir: Ich habe beschlossen, selbst mit den lappischen Schädeln zu arbeiten. Damit brauchen Sie sich also nicht weiter zu beschäftigen.“ Gustaf von Düben übernahm also das Studium der sámischen Schädel, was unter Umständen als zu seinem Aufgabenbereich gehörig betrachtet werden konnte. Gustaf Retzius musste sich mit der kraniologischen Forschung in Finnland begnügen. Er machte sich einen Namen als Anatom und veröffentlichte 1878 das Werk „Finska kranier“ (Finnische Schädel).
Die Reisen nach Lappland in den Jahren 1868 und 1871
Für seine Arbeit mit den kraniologischen Sammlungen im Karolinska-Institut benötigte Gustaf von Düben 1868 weiteres Studienmaterial. Er beabsichtigte, sie in einem Katalog zu erfassen und mit einer kurzen ethnologischen Beschreibung zu versehen.
Am 3. Juli 1868 brach die Reisegruppe mit dem Dampfboot Njord von Stockholm auf. An dieser ersten schwedischen Lapplands-Expedition in moderner Zeit nahmen Gustaf von Düben, Lotten von Düben als Fotografin, der Assistent G. H. Santesson sowie die Köchin Johanna Björklund teil. Auch die Pinscherdame Tova war mit von der Partie.
Obwohl die Reise in erster Linie wissenschaftlichen Zwecken diente, orientierte man sich an der üblichen Touristenroute. Von Luleå aus folgte man dem Lule älv in das Fjäll hinauf nach Kvikkjokk, dem eigentlichen Ziel der Reise. Schon Carl XV. hatte als Kronprinz diese Route genommen, ebenso wie der englische Offizier Alexander Hutchinson, der das bekannte Werk „Try Lapland. A fresh field for summer tourists“ geschrieben hatte.
Auf ihrer Reise 1871 begegneten die von Dübens in Jokkmokk vier Touristen, die jeweils mit Gewehren und Angelausrüstung ausgestattet waren. Eine Reisegesellschaft führte sogar eine tragbare Dusche mit. Alle hatten Hutchinsons Buch im Gepäck.
Lotten von Düben trug mit ihrem sogenannten Bloomer-Kostüm praktische Reisekleidung und ein für Damen revolutionäres Kleidungsstück – Kniebundhosen. Ihre schwere fotografische Ausrüstung wurde von samischen Trägern in Ranzen aus Birkenrinde transportiert. Als Fotografin der Expedition hatte sie eine anspruchsvolle Aufgabe übernommen. Unmittelbar vor jeder Aufnahme musste sie die Negative mit jodiertem Kollodium präparieren. Belichtung und Entwicklung mussten stattfinden, solange die Platte noch nass war, denn die Nasskollodiumnegative waren nur lichtempfindlich, solange die Emulsion noch nicht getrocknet war. Der kleinste Fehler konnte alles zunichte machen. Um die Platten entwickeln zu können, führte man ein spezielles transportables Dunkelkammerzelt mit.
Bei Lottens Stereokamera könnte es sich möglicherweise um eine P. Meaghers Tourist Binocular-Kamera gehandelt haben, die ein Balgengehäuse besaß, das durch eine Zwischenwand unterteilt wurde. Diese Trennwand war wie ein Rollo konstruiert und konnte herausgenommen werden, wenn man die ganze Platte im Format 12,7 x 19,1 cm nutzen wollte. Einige von P. Meaghers Stereokameras besaßen außerdem Verschlüsse. Wegen der langen Belichtungszeiten, die nötig waren, war es sonst üblich, dass der Fotograf die Platte belichtete, indem er den Objektivdeckel entfernte. Nach der entsprechenden Anzahl Sekunden – oder Minuten –wurde der Deckel wieder aufgesetzt. Bevor 1871 die lichtempfindlichen Gelatine-Trockenplatten industriell hergestellt wurden und in den 1880er-Jahren ihren Siegeszug antraten, war dies die gängige Methode, eine Platte zu belichten. Erst im Jahr 1888 erwarb der Preuße Ottomar Anschütz das Patent auf einen Jalousieverschluss. Damit ließen sich die Belichtungszeiten drastisch bis auf 1/1000 Sekunde verkürzen.
Die Lapplandsreise 1868 dauerte gut zwei Monate und man kehrte erst Anfang September nach Stockholm zurück.
1871 unternahmen Gustaf und Lotten von Düben eine weitere Reise nach Lappland. Zu diesem Zeitpunkt hatte Gustaf von Düben das 1868 gesammelte Material über die Fjällsámen ausgewertet. Jetzt benötigte er ergänzendes Material von den Wald- und Neusiedlersámen, die in dem Gebiet zwischen den Flüssen Vindelälven und Lule älv lebten. An dieser Expedition nahmen außer dem Ehepaar von Düben noch Gustaf von Dübens jüngerer Verwandter Carl Forsstrand sowie die Köchin Sophie teil. Auch auf diese Reise nahm man die Hündin Tova mit.
Am 14. Juni 1871 brach man mit dem Schiff nach Piteå auf. Das erste Ziel war Arvidsjaur, wo sich zu Mittsommer viele Sámen versammelten. Danach ging es weiter nach Sorsele, wozu man den See Storavan im Ruderboot überquerte und danach zu Fuß durch ausgedehnte Wald- und Moorgebiete wanderte. In Sorsele hielt man sich drei Wochen lang bei dem samischen Pastor Anders Fjellner auf, einem hervorragenden Kenner der Sámen und ihrer Lebensweise.
Die Reisegruppe besuchte auch Ammarnäs, wo sich Fjällsámen und Neusiedler zu einer Hochzeit mit Taufe und Abendmahl versammelt hatten. In seinem Reisebericht schrieb Gustaf von Düben darüber: „… man tauschte Käse, Kleidungsstücke, Holzarbeiten etc. gegen Seide, Glasperlen, Silbermünzen etc.“ Den Fotoaufnahmen standen die Sámen allerdings misstrauisch gegenüber.
„Obwohl wir mehrere Tage mit den Lappen verbracht und sie uns offen und vertrauensvoll von ihren Lebensbedingungen erzählt hatten, waren sie dennoch nicht gänzlich von der Ehrlichkeit unserer Absichten überzeugt. Gleich bei der ersten Begegnung hatten wir das Fotografieren angesprochen, was sie bereits kannten oder kennenlernten. Doch es erwies sich über mehrere Tage hinweg als unmöglich, sie dazu zu bringen, Modell zu sitzen, obwohl eine Zeit vereinbart und eine Nachricht geschickt worden war. Wir führten dies auf die übliche Saumseligkeit und mangelnde Entschlusskraft der Lappen zurück, erhielten dann jedoch eine andere Erklärung. Als wir ihnen mitteilten, dass sie ihre Festtagstracht anziehen und die älteren Frauen ihren Silberschmuck anlegen sollten, vor allem die Erbprinzessin Maria Jonsd. Grahn, wurden sie argwöhnisch und beratschlagten miteinander. Dabei kamen sie zu dem Schluss, dass ich, nachdem wir sie erst einmal mit ihrem Geschmeide fotografiert hatten, die Bilder der 'hohen Obrigkeit' zeigen könnte, die erkennen oder aufgrund des Putzes vermuten würde, dass sie reicher waren, als sie vorgegeben hatten, was eine Steuererhöhung zur Folge haben würde. Es sei daher geboten, das Fotografieren gänzlich zu vermeiden. Davon berichtete man glücklicherweise dem Pastor M., der sie beruhigen konnte, woraufhin sie sich sehr willig zeigten.“
Von Ammarnäs reiste man weiter nach Arjeplog, Arvidsjaur und Jokkmokk und dann über Luleå zurück nach Stockholm, wo man am sechsundzwanzigsten August eintraf. Man hatte mehr als dreitausend Kilometer zurückgelegt.
Auf dieser zweiten Reise führte Lotten zwei Kameras mit, die Stereokamera sowie eine Kamera mit Nassplatten im Format 20 x 13,5 cm.
Die Fotoausrüstung war so schwer, dass zeitweise zehn bis zwölf Träger benötigt wurden.
Nach Abschluss dieser Reisen war Gustaf von Dübens Materialsammlung so umfangreich, dass er überzeugt war, zu „einer weitgehend vollständigen Darstellung des Volkes“ gekommen zu sein. Er beschloss daraufhin, das umfassende Werk „Om Lappland och Lapparne, företrädesvis de svenske. Ethnografiska studier“ (Über Lappland und die Lappen, vorzugsweise die schwedischen. Ethnografische Studien) (1873) zu veröffentlichen, das zu einem Klassiker der Sámenforschung wurde.
Lottens Fotografien von diesen beiden Reisen dienten als Vorlagen für die Holzschnitte, die das Buch illustrierten, denn zu jener Zeit war es noch nicht möglich, Fotografien im Druck wiederzugeben. Sie hatte auch eine Reihe Fotos von sámischen Gegenständen gemacht, die ebenfalls in dem Buch abgebildet wurden.
Expeditionen und Präsentation des Exotischen
Dass Gustaf und Lotten von Düben diese Lapplandsexpedition unternahmen, mag bemerkenswert erscheinen. Doch dies war die Ära der großen Forschungsreisen. In den USA nahmen Fotografen an Expeditionen teil, die Mineralvorkommen und indigene Bevölkerungsgruppen erforschten, und auch Stanley führte auf seinen Afrika-Expeditionen eine Kamera mit. Die Mehrzahl derjenigen, die die fotografische Technik nutzten, gehörte der oberen Gesellschaftsschicht an. Ihre Bilder von „Eingeborenen“ wurden später in den Salons von London, Paris und Berlin gezeigt.
Der Wissenschaftler Adolf Erik Nordenskiöld wurde bei seiner Spitzbergenexpedition 1872-73 von Louis Palander als Navigator und Fotograf begleitet. Palander, der später die Vegaexpedition leiten sollte, machte auch Fotos von den mongolischen Küstentschuktschen, die das im Eis eingeschlossene Schiff besuchten. Seine Aufnahmen sind vorzügliche, ausdrucksstarke Charakterstudien.
Was war aber der Grund dafür, dass derartig viele sowohl ausländische als auch skandinavische Wissenschaftler in den 1870er-Jahren ihren Blick auf die Sámen und gen Lappland richteten? Damals tourten sogenannte „Lappenkarawanen“ – also Sámen, die einem Publikum vorgeführt wurden – durch ganz Europa. Hagenbecks Tierpark in Hamburg zeigte z. B. 1874 eine sámische Familie mit Rentieren und vier Jahre später eine zehnköpfige Sámengruppe aus Kautokeino. Die Sámen mit ihren eigentümlichen Rentieren waren ausgesprochen populär, aber auch Indianer, Eskimos, Singhalesen und Kalmücken wurden in ähnlicher Weise zur Schau gestellt.
Solche Völkerschauen und Vorführungen stellten ideale Studienobjekte für jene Anthropologen dar, die selbst keine langen Reisen unternehmen wollten und darum in Scharen mit ihren Kameras und Messgeräten herbeiströmten. Wissenschaftler stellten den umherziehenden Truppen „Echtheitszertifikate“ aus und bekamen ihr Untersuchungsmaterial auf dem Silbertablett serviert. Als ganz besonders „erfreulich“ galten Fälle wie der des Indianerhäuptlings „Weißer Fuchs“. Er starb 1875 in Göteborg an TBC, worauf man seine Leiche in das Karolinska-Institut in Stockholm überführte, wo Gustaf von Düben zur Besichtigung in das Leichenschauhaus einlud! Dieses Ereignis sagt einiges über die damalige Einstellung gegenüber Minoritäten aus.
Zu jener Zeit entstanden auch die meisten ethnografischen Museen, als Ergänzung zu den Sammlungen, die sich mit der einheimischen Kultur beschäftigten. Hagenbeck schenkte die ethnografischen Exponate der ersten Lappen-Völkerschau dem ethnografischen Museum in Leipzig. Gustaf von Düben schenkte oder verkaufte den größten Teil seiner umfangreichen Sammlung an sámischen Gegenständen an Artur Hazelius’ Skandinavisch-ethnografische Sammlung. (Die 1880 in Nordisches Museum umbenannt wurde.)
Immer mehr Wissenschaftler wollten nun selbst die Regionen besuchen, in denen die Sámen lebten, und Forschungsreisende aus ganz Europa brachen in großer Zahl gen Norden auf. Die Skandinavier folgten ihnen. Die Norweger J. A. Friis und Ludwig Daa bereisten 1867 die russischen Siedlungsgebiete der Sámen. Gustaf und Lotten von Düben bereisten Lappland in den Jahren 1868 und 1871, und eine große finnische Expedition führte Mitte der 1880er-Jahre auf die Halbinsel Kola.
Die meisten dieser Forschungsreisenden betrieben anthropologische Studien an den Sámen. Sie führten Messungen durch, fertigten Abgüsse an, sammelten Schädel und fotografierten sogenannte „Volkstypsstudien“, stereotype Aufnahmen in Frontalansicht und im Profil. Man sah die Sámen als ein Glied in der Evolution, als ein Relikt aus einer vergangenen Zeit, von dem man sich Antworten auf wichtige Fragen erhoffte.
Aufnahmen von Sámen und vergleichbare Fotografien
Lotten von Dübens Fotografien von Sámen entsprechen der Vorliebe jener Zeit, das „Exotische“ zu zeigen. Es handelt sich hierbei um anthropologische Aufnahmen von Personen, die auf ein und derselben Platte direkt von vorn und von der Seite festgehalten sind. Die Stereoaufnahme, auf der Karin Savalo und ihre Tochter Inga zunächst in Frontalansicht und dann im Profil zu sehen sind, war dazu gedacht, Gustaf von Düben bei der Vermessung von Schädeln zu helfen. Diese Bilder sind jenen vergleichbar, die die Fotografin Ellen Wahlström in den 1920er-Jahren von Inhaftierten in Särna machte. In Clas Thors Buch „Ljusets hemligheter“ (Die Geheimnisse des Lichts) beschreibt sie, wie sie Porträtaufnahmen retuschierte und dass die Kunden manchmal trotzdem nicht mit ihrem Aussehen zufrieden waren. Ganz anders gestaltete sich jedoch ihre Arbeit, wenn die Polizei der Auftraggeber war. „Mithilfe des Retuschestiftes hatte ich versucht, ihre Haut so glatt zu bekommen wie die eines Pfirsichs. Trotzdem war es nicht gut genug. Es gab aber auch Ausnahmen: - Wenn der Landjäger mit Verhafteten kam. Dann waren Porträts von vorn und im Profil gefragt. Und absolut keine Retusche. – Auch noch die kleinste Sommersprosse sollte zu erkennen sein!“
Bereits in den 1860er-Jahren archivierte die Polizei größerer Städte erkennungsdienstliche Fotos in speziellen Verbrecherkarteien. Aus dem Bezirksgefängnis in Malmö ist ein Buch erhalten, in dem die älteste Fotografie aus dem Jahr 1859 stammt. Das Buch zeigt nüchterne, unretuschierte erkennungsdienstliche Aufnahmen von Gefangenen, die mit akribischen Angaben zum Geburtsjahr und der Art des Verbrechens versehen sind. Entsprechende Informationen finden sich auch zu Lotten von Dübens Fotografien.
Erst in den 1880er-Jahren wurde es üblich, Gefangene direkt von vorn und von der Seite zu fotografieren. (Das wird bis heute so gemacht.)
Die Einstellung gegenüber den Sámen und die Art, wie man sie fotografierte, weist Parallelen zu der Einstellung gegenüber den Indianern auf. Das Bureau of Ethnology in Washington DC fotografierte Indianer in großem Stil. So machte man 1888 zum Beispiel Aufnahmen einer bedeutenden Delegation von Angehörigen des Stammes der Brulé. Der Fotograf ließ sie sich vor Kulissen oder neben bestimmten Gegenständen aufstellen, um genaue Größenvergleiche zu erhalten. Besonderen Wert legte man darauf, die Aufnahmen sowohl im Profil als auch von vorn zu machen, um die Gesichter aus unterschiedlichen Winkeln vermessen zu können. Der amerikanische Fotograf James E. Mc Clees bot in den 1850er-Jahren Porträts von Indianern mit der Begründung zum Kauf an, sie seien von historischem Interesse, „als Erinnerung an eine Rasse, deren Anzahl gerade stark zurückgeht“. Ähnlich wie man die Sámen in Ammarnäs bat, für die Aufnahmen ihren Silberschmuck anzulegen, kleidete man die Indianer in geliehene Trachten. John Wesley Powell, der eine der großen Expeditionen durch den amerikanischen Kontinent leitete, sammelte 1868 Kleidungsstücke von Angehörigen des Ute-Stammes ein und schickte sie an ein Museum. Fünf Jahre später kehrte er mit den von dort wieder ausgeliehenen Trachten zurück. Die Indianer wurden damit ausstaffiert und dann vom Fotografen der Expedition fotografiert. Damit wollte man ein ganz bestimmtes Bild erzeugen: Das Bild von einer verschwundenen Lebensweise – nicht das vom echten Leben dieser Menschen im Reservat.
Diese Aufnahmen stehen in einem starken Kontrast zu den damals populären Visitenkarten. Darauf ließen sich in Schweden überwiegend Personen aus dem neureichen Bürgertum in idealisierten Bildern porträtieren. Auf diesen Visitenkarten lebte die Standardpose der Porträtmalerei weiter, die über die Daguerreotypie überliefert worden war. Die soziale Stellung der abgebildeten Personen wurde durch ihre selbstsichere Haltung betont und vom Fotoatelier durch eine Einrahmung mittels Vorhang, durch eine Säule oder einen hübschen Stuhl noch unterstrichen. Der Kunde sollte schließlich mit seinem Porträt zufrieden sein.
Die Visitenkarten der 1860er-Jahre zeigen fast ausschließlich Ganzkörperaufnahmen, auf denen das Gesicht nur wenig Raum einnimmt. Gegen Ende dieser Periode kommt das Brustbild auf, das sich dann in den 1870er-Jahren zur dominierenden Porträttechnik entwickelt.
Schon gegen Ende der 1860er-Jahre war der Preis für eine Porträtfotografie drastisch gesunken, allerdings war es vor allem eine Frage der gesellschaftlichen Stellung, ob sich jemand porträtieren ließ. Bauern und einfache Leute hatten kaum Interesse daran, sich auf Bildern zu verewigen, um sie dann mit Verwandten und Freunden zu tauschen. So etwas war vor allem in bürgerlichen Kreisen populär.
Doch gerade die Tatsache, dass Lotten von Düben die Sámen in ihren Aufnahmen nicht idealisiert, verleiht diesen Bildern eine neue Dimension. Viele ihrer Fotografien sind Nahaufnahmen, auf denen das Gesicht dominiert. Sie laden dazu ein, über das Leben dieser Menschen nachzudenken - Männer und Frauen, die von harten Lebensumständen gezeichnet und vorzeitig gealtert sind. Andere Bilder wiederum sind Gruppenfotos, die die Sámen in ihrem angestammten Umfeld zeigen. Einem Umfeld, das sich seither in vielerlei Hinsicht verändert hat.
Gustaf von Dübens Gedanken die fotografischen Aufnahmen von Sámen betreffend sind uns zum Teil überliefert. Er hatte bereits 1847 - lediglich acht Jahre, nachdem in Paris das Verfahren der Daguerreotypie vorgestellt worden war - von einer Reise nach England, dem Kap der guten Hoffnung, nach Indien und China über Hottentotten und Buschmänner und diese Art der Fotografie geschrieben: „Der Mensch zeichnet sich durch eine Neigung zu unendlicher Variation aus, selbst innerhalb klar voneinander abgegrenzter Rassen. Will man die Menschen in Gruppen einteilen, kann man sich darum nicht an nur einem oder einigen wenigen Merkmalen orientieren, sondern muss sie alle berücksichtigen.“ Doch fährt er fort: „Dass Unterschiede bestehen, ist nicht zu leugnen, und so unbestimmt und unwissenschaftlich sie uns auch erscheinen mögen, müssen wir unser Urteil auf diesen allgemeinen Eindruck gründen, da wir noch nicht in der Lage sind, die Unterschiede zu beschreiben und in Worten auszudrücken. In dieser Hinsicht ist das Bild weit überlegen.“
In demselben Reisebericht heißt es: „… führten wir auch einen fotografischen Apparat mit, der in hohem Grade unser Gepäck und dessen Gewicht vermehrte, auch wenn er es uns in vielen Fällen ermöglichte, uns bleibenderer Erinnerungen von Orten und Personen zu versichern, als es uns das flüchtige Sehen allein erlaubt hätte.“
Was Karin Savalo von den Fotoaufnahmen hielt, wissen wir nicht, und auch über Lotten von Dübens Gedanken können wir eigentlich nur spekulieren.
Zurück in Stockholm wollte Gustaf von Düben Fotografien von zahlreichen sámischen Gegenständen haben, die ebenfalls als Vorlagen für die Illustrationen in seinem Buch dienen sollten. Lotten machte darüber hinaus auch einige Aufnahmen von Verwandten ihres Mannes. Sie wurden in sámische Trachten gekleidet und gebeten, bestimmte Posen einzunehmen, als stünden sie beispielsweise auf Skiern oder säßen in einer Ackja. Diese Bilder fertigte Lotten in einem Atelier an, allerdings ist nicht bekannt, in welchem. Als Artur Hazelius 1874 für seine Skandinavisch-ethnografische Sammlung das Diorama „Herbstwanderung in der Lule Lappmark“ gestaltete, verwendete er dafür diese Bilder. Auch die Gesichter der hierfür gefertigten Puppen wurden von C. A. Söderman nach Lottens Fotografien von ihren Reisen modelliert. Das Diorama weckte großes Aufsehen und wurde später sogar auf den Weltausstellungen in Paris 1878 und Chicago 1893 gezeigt.
Sicher freute sich Lotten auch darüber, dass Paul Belloni Du Chaillu ihre Fotografien als Vorlagen für die Illustrationen in seinem Buch „The Land of the Midnight Sun“ verwenden wollte, das 1881 erschien und 1899 in schwedischer Übersetzung auf den Markt kam.
Naturaufnahmen
Lotten von Düben machte auf ihren beiden Reisen auch zahlreiche Aufnahmen der Landschaft. Sie gehörte zu den Ersten, die das schwedische Fjäll und Wasserfälle wie Harsprånget und Stora Sjöfallet fotografierten. Die Aufnahmen der Wasserfälle entstanden circa vierzig Jahre vor Beginn des Ausbaus der Wasserkraft im Kirchspiel Jokkmokk. In den 1860er-Jahren machten schwedische Fotografen zwar eine große Anzahl topografischer Aufnahmen, allerdings handelte es sich dabei um Stadtansichten. Bereits zu Anfang des Jahrzehnts waren die meisten schwedischen Städte auf Visitenkarten abgebildet, am Ende das Jahrzehnts waren es praktisch alle. Der Fotograf Alexander Gylfe machte um 1870 eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen von der Küste des südlichen Norrlands.
Doch noch war kein einziger professioneller schwedischer Fotograf in Lappland gewesen. Allerdings hatten norwegische Fotografen damit begonnen, Landschaftsaufnahmen zu machen. Die ersten waren Marcus Selmer und Knud Knudsen, die kommerzielle Bilder machten, wie sie von Touristen verlangt wurden. Es handelt sich hier um großartige und beeindruckende Naturfotografien, die wir jedoch nicht losgelöst von dem Kontext ihrer Entstehung betrachten können. So schufen vor allem die Fotografen das überkommene Bild von Norwegen - und später auch das von Schweden.
Lotten von Düben war jedoch Amateurin und brauchte sich über den Verkauf ihrer Fotos keine Gedanken zu machen. Einige ihrer Aufnahmen sollten als Vorlagen für Illustrationen im Buch ihres Mannes dienen, aber sie machte mit Sicherheit zahlreiche Bilder auch nur als Reiseerinnerungen oder allein deshalb, weil sie gern fotografierte. Nach ihrer Rückkehr ließ sie kleine „Bücher“ bzw. Alben mit Stereoaufnahmen von Naturmotiven sowie dem einen oder anderen Foto von Sámen und den Teilnehmern der Expedition binden, in die sie in Goldschrift „Erinnerungen an Lappland 1868“ eingravieren ließ. Diese Alben schenkte sie Bekannten, die die Fotografien darin durch ihre Stereoskope betrachten konnten. Mehrere der Alben befinden sich heute im Nordischen Museum.
Lotten und ihr Mann suchten jedoch auch gezielt eindrucksvolle Motive auf, die in Reisebeschreibungen und Reiseführern erwähnt wurden. Im Zusammenhang mit ihrem Besuch von Stora Sjöfallet erwähnt Gustaf von Düben explizit Carl Anton Petterssons großes Bildtafelwerk „Lappland, dess natur och folk efter fyra somrars vandring i bilder och text skildrade“ (Lappland, seine Natur und Menschen, in Text und Bild dargestellt nach einer Wanderung über vier Sommer), das 1866 erschienen war. Gustaf von Düben schreibt: „Wir suchten ein paar nackte Felsen neben dem Becken auf, um zu schauen und zu fotografieren. Führt der Fluss viel Wasser, ist der Eindruck sicher überwältigend, auch wenn er in keiner Weise der Darstellung in Petterssons Lappland entspricht.“
Er selbst spricht in „Om Lappland och lapparne“ (Von Lappland und den Lappen) Empfehlungen aus, von wo aus man sich die Fälle von Porjus am besten anschauen sollte: „Der mittlere Fall im Store Lule älv unweit der Siedlung Porjus, Napar genannt: Diesen Fall sollte man sich ebenso wie die darüber und darunter befindlichen vom südlichen Flussufer aus ansehen, wohin man sich von Projus aus mit dem Boot begibt. Niommelsaska sollte man vom nördlichen Flussufer aus betrachten.“
Man suchte im Fjäll unter anderem auch nach jener seelischen und körperlichen Gesundheit, die die Stadt nicht bieten konnte. Gustaf von Düben war schließlich Arzt. Stockholm war zu jener Zeit eine Stadt mit einer hohen Sterblichkeit und bis in die 1860er-Jahre hinein war die Sterberate höher als die Geburtenrate. TBC war weit verbreitet, und noch 1853 hatte die Cholera mehr als 2800 Todesopfer gefordert. Die Natur galt als heilkräftig und Wasser als gesundheitsfördernd. Es wurde empfohlen, im Meer zu baden und Wasser zu trinken. Gustaf von Düben stand während einiger Sommer in den 1860er-Jahren auch Medevi brunn, Schwedens erster Heilquelle, vor. Der oben erwähnte Carl Curman war Balneologe, also spezialisiert auf verschiedene Bäder und ihre medizinische Anwendung. Er baute u. a. die Meerbadeanstalt von Lysekil aus und machte es zu dem führenden Kurort in der Provinz Bohuslän. Daneben begründete er mehrere Badeanstalten in Stockholm. Als ausgezeichneter Amateurfotograf fotografierte er unter anderem die Landschaft, das Meer und die Klippen in Bohuslän.
Wasser war jedoch nicht nur als Wasserfall oder See ein dankbares Motiv. Bei Lottens Motivwahl spielte darüber hinaus sicher auch seine mutmaßlich gesundheitsfördernde Wirkung eine Rolle. Inspiration steuerten auch die Künstler der Düsseldorfer Malerschule bei. So bezieht sich Gustaf von Düben in seiner Beschreibung des Besuchs und der Fotoaufnahmen von Harsprånget explizit auf die Werke von Marcus Larsson.
In Schweden erwachte erst in den 1880er-Jahren ein großes Interesse für Natur- und Landschaftsfotografie, und eine wachsende Anzahl an Fotografen verdiente ihren Lebensunterhalt damit, Bilder an Touristen zu verkaufen. Auch die Amateurfotografen, deren Zahl in den 1880er- und 1890er-Jahren stark anstieg, machten viele Landschaftsaufnahmen. Der Schwedische Tourismusverband STF, der 1885 gegründet worden war, begann Schweden unter dem Motto „Kenne dein Land“ für einheimische wie auch ausländische Touristen zu „entdecken“. Der STF veranstaltete ab 1893 außerdem mehrere Fotowettbewerbe, für die Aufnahmen der unterschiedlichen schwedischen Landschaften ebenso gesucht wurden wie Bilder von „Volkstypen“. Lotten von Düben schickte mehrere ihrer Fotos von Samen ein.
Nachdem Gustaf von Düben 1887 in den Ruhestand getreten war, übersiedelten Lotten und er auf ihren Besitz Nysund in Södermanland. Vier Jahre danach fiel die Schädelsammlung im Karolinska-Institut einem Brand zum Opfer. Gustaf von Düben verstarb 1892. Das Erscheinen seines großen anthropologischen Werks über die sámischen Schädel, das der Grund für seine Reisen nach Lappland gewesen war, erlebte er nicht mehr. Erst 1910 erschien „Crania lapponica“ mit einem Vorwort von Gustaf Retzius. Lotten von Düben lebte bis zu ihrem Tod 1915, im Alter von siebenundachtzig Jahren, auf Nysund. Da das Paar kinderlos geblieben war, löste ein Angehöriger von Gustaf von Düben nach Lottens Tod den Haushalt auf. Die Fotografien gingen 1939 an das Nordische Museum. Dort lagern sie heute zusammen mit den Aufnahmen aus den Schenkungen, die Lotten dem Museum seit 1874 hatte zukommen lassen und unter denen auch sieben Negative waren. Neunundfünfzig der erhaltenen Negative befinden sich heute in der Universitätsbibliothek Uppsala, die sie wiederum vom Naturgeografischen Institut übernommen hat.
Der Verbleib Lotten von Dübens Kameras ist nicht bekannt. Nach ihrer Rückkehr aus Lappland 1871 machte sie nur noch „Auftragsbilder“ von einigen sámischen Gegenständen für das Buch. Wie bereits oben erwähnt, fotografierte sie darüber hinaus für Artur Hazelius einige der Verwandten ihres Mannes in sámischer Tracht. Andere Motive sind nicht erhalten. Das Fotografieren war für Lotten offenbar an die Aufgabe gekoppelt, Aufnahmen für ihren Mann zu machen. Sie scheint hingegen nicht den Wunsch verspürt zu haben, mit ihren Bildern zu erzählen.
Aufgrund von Lotten von Dübens Motivwahl - Sámen und ihre Lebenswelt – sind ihre Fotografien in Schweden einzigartig. Im internationalen Vergleich gehören ihre Bilder zum Themenbereich Entdeckungsreisen und frühe Fotografien fremder Kulturen, wie man sie heute in anthropologischen Sammlungen findet. Lotten von Düben machte diese Aufnahmen zu einer Zeit, in der Fotografie in der Regel gleichbedeutend war mit Porträtaufnahmen in Ateliers und mit gefälligen Stadtansichten. Ihre Bilder weisen jedoch gleichzeitig Merkmale der Reportage- und Dokumentarfotografie auf. Das macht Lotten von Düben zu einer der Pionierinnen dieses Genres.
Literatur
Broberg, Gunnar: Lappkaravaner på villovägar. Antropologi och synen på samerna fram till sekelskiftet 1900. In: Lychnos. Lärdomshistoriska samfundets årsbok 1981-1982 (1982), S. 27-68.
Düben, Gustaf von: I Lappland 1868 och 1871. Reseberättelse av Gustaf von Düben bearbetad och kommenterad av Gunnar Broberg, Leif Lindin och Ingvar Svanberg. Umeå 1989. Acta Bothniensia occidentialis, 10.
Düben, Gustaf von: Om Lappland och lapparne, företrädesvis de svenske. Ethnografiska studier. Neuauflage 1977 mit einem Vor- und Nachwort von Jan Garnert.
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Hansson, Heidi och Lundström, Jan-Erik (red.) (2008). Looking North: Representations of Sámi in Visual Arts and Literature. Kungl. Skytteanska samfundets handlingar nr 63. Umeå: Bildmuseet, Umeå universitet.
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© Eva Dahlman, 1991, 2021